PRRS-Molekulardiagnostik: Wenn die Sequenzierung von nur 4 % nicht ausreicht

Giovani TrevisanMichael ZellerMariamawit Mohammed Daniel LinharesPhillip C. GaugerJianqiang Zhang
07-Jul-2025 (heute)

Das Virus des Porzinen Reproduktiven und Respiratorischen Syndroms (PRRSV) ist neben dem Virus der Afrikanischen Schweinepest einer der wirtschaftlich wichtigsten Krankheitserreger in der Schweineindustrie weltweit. Das jüngste Auftreten aggressiver PRRSV-Stämme wie des hochpathogenen PRRSV (HP-PRRSV) in Asien, der Rosalia-Variante in Europa und der L1C.5-Variante in Nordamerika hat die Diskussion über die Notwendigkeit einer weiteren Verbesserung der PRRSV-Diagnostik und -Kontrolle entfacht.

Der Nachweis von genetischem PRRSV-Material mittels RT-PCR ist weltweit üblich, um Populationen auf das Virus zu untersuchen.

Ein Schritt über den RNA-Nachweis hinaus ist die genetische Sequenzierung von PRRSV, die in der Regel mit der Sanger-Methode durchgeführt wird. Der weltweit am häufigsten verwendete Abschnitt des Virus für die PRRSV-Sequenzierung ist ORF5, obwohl einige Labors auch die Sequenzierung von ORF7 dokumentieren.

Da ORF5 etwa 4 % und ORF7 2,4 % des PRRSV-Genoms ausmachen, wird damit keine vollständige genetische Abdeckung des gesamten Genoms erreicht.

In den letzten Jahren ist das Interesse am Einsatz des Next-Generation-Sequencing (NGS) zur Gewinnung kompletter PRRSV-Genome für epidemiologische Untersuchungen von PRRSV in einem Bestand oder einem Betrieb gestiegen (s. Abb. 1).

Schematische Darstellung eines kompletten PRRSV-Genoms und der Zielregionen für verschiedene Diagnosetests

Normalerweise kommt es bei PRRSV während des Replikationsprozesses zu genetischen Veränderungen und Mutationen, die möglicherweise zur Entstehung neuer Virusvarianten führen können. PRRSV ist mit einer Mutationsrate von etwa 0,5 bis 1 % pro Jahr eines der Viren mit der höchsten Mutationsrate. Diese ist ungleichmäßig über verschiedene Genomregionen, Virustypen und genetische Linien verteilt und führt zu einer ständigen genetischen Evolution. Genetische Mutationen und Evolutionen des Virus können insbesondere in allen Genen stattfinden. Bei der Sequenzierung nur eines Teils des Genoms, beispielsweise ORF5 oder ORF7, werden daher Veränderungen außerhalb der sequenzierten Region wahrscheinlich nicht erkannt (s. Abb. 1).

In diesem Szenario erweist sich das NGS als nützliches Instrument, da es die Möglichkeit bietet, ein komplettes PRRSV-Genom zu analysieren, um dies für epidemiologische Untersuchungen zu nutzen.

Wie können Tierärzte und Erzeuger die Vorteile des NGS nutzen?

Um den Nutzen des NGS zu maximieren, gibt es einige Punkte zu beachten:

Schematische Darstellung eines Vergleichs zweier kompletter PRRSV-Genomsequenzen

Welche Art von epidemiologischen Informationen können wir vom NGS erhalten?

Die vom NGS erzeugten Ergebnisse können dabei helfen, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Hat sich ein Virus durch zufällige Nukleotidsubstitutionen an denselben genomischen Positionen entwickelt? Wie stark hat sich das Virus zwischen zwei Zeitpunkten verändert und in welcher ORF-Region oder welchen ORF-Regionen sind diese Veränderungen aufgetreten?
  2. Hat sich das Virus durch Insertionen oder Deletionen in seinem Genom weiterentwickelt?
  3. Wurde ein neues, nicht verwandtes Virus in den Betrieb, den Bestand oder die Partien eingeschleppt?
  4. Hat ein neues Virus – was zwar weniger wahrscheinlich, aber dennoch möglich ist – Veränderungen in den Genomregionen erworben, auf die die RT-PCR oder die Sanger-Sequenzierung abzielt, sodass die Assays das Virus nicht nachweisen können?
  5. Hat das Virus eine Rekombination erfahren, d. h. hat es einige genomische Regionen von zwei oder mehr Elternviren übernommen?

Rekombination ist ein natürlicher Prozess der PRRSV-Evolution und tritt auf, wenn sich zwei PRRS-Viren in derselben Zelle replizieren und daraus ein drittes Virus entsteht. Die Rekombination wird in dem am 14. Juli 2025 auf www.3tres3.com/de veröffentlichten Artikel „Die Auswirkungen des Problems der PRRSV-Rekombinationen“ beschrieben.